Pressemitteilung
Landkreis Kelheim soll bis 2040 klimaneutral werden
Antrag von ÖDP-Kreisrat Peter-Michael Schmalz
Sehr geehrter Herr Landrat Neumeyer,
Lieber Martin,
hier mit stelle ich folgende Anträge für die nächste Kreisausschusssitzung:
a) Der Landkreis Kelheim beschließt seine bilanzielle CO2-Neutralität bis zum Jahr 2040. Die Erreichung des Ziels wird in mindestens zweijährigen Zwischenschritten evaluiert.
b) Zur Erreichung des Ziels wird ein noch zu bestimmendes Gremium des Landkreises Kelheim eingerichtet. Es soll in Zusammenarbeit mit den Gemeinden des Landkreises, der Wirtschaft und andere wichtiger gesellschaftlicher Bereiche und Institutionen konsequent und überprüfbar auf diese Zielerreichung hinwirken.
Begründung:
1) Wissenschaftliche Ausgangslage
Weit über 90% aller Wissenschaftler und wissenschaftlichen Institutionen weltweit und fast 100% bayern- und deutschlandweit erkennen an, dass der derzeitige weltweite Klimawandel zum ganz überwiegenden Teil durch menschliche Aktiviäten verursacht ist.
Mit dem bereits laufenden Klimawandel einher gehen weltweit Katastrophen in bisher nie gekanntem Ausmaß und zeitlich enger Abfolge.
Selbst bei uns in Bayern, das zur gemäßigten mitteleuropäischen Klimazone gehört, sind die drastischen Folgen des bereits laufenden, im Wesentlichen menschengemachten Klimawandels zu sehen und zu spüren.
Auch der Landkreis Kelheim erlebt "hautnah" die gravierenden negativen Folgen des Klimawandels:
Um nur einige Beispiele zu nennen:
- Rekordtemperaturjahre seit Beginn der Klimaaufzeichnungen
- Wälder unter starkem Trockenstress (Baumschäden, Borkenkäferexplosionen usw.)
- Mehrmonatiges durchgehendes Ausbleiben von Niederschlägen
- Massive Ernteschäden in der Landwirtschaft
- Einwanderung von Schadlebewesen (incl. Krankheitserregern), die in unserem Klima bisher nicht überleben konnten
- Zeitlich und räumlich konzentrierte extreme Niederschläge mit Überschwemmungen gerade auch in bisher nie betroffenen Regionen
- Extreme Niedrigwasser in den Flüssen mit Einschränkungen für die Schifffahrt
- Deutschlandweites Absinken der oberen Grundwasserstockwerke im Vergleich zum langjährigen Mittel
usw.
2) Politische Ausganglage
- UN-Klimaschutzabkommen vom 12.12.2015 in Paris mit Begrenzung der Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius im Vergleich zu den vorindustriellen Werten zur Verhinderung von katastrophlen Folgen des Klimawandels
- Sonderbericht des IPCC (Weltklimarat der Vereinten Nationen) vom Dezember 2018 fordert die Begrenzung der Erderwärmung auf unter 1,5 Grad, da nur so irreversible und katastrophale Folgen für Mensch und Natur verhindert werden können.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Europa soll bis spätestens 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden.
- Bundesregierung: Deutschland soll bis 2050 klimaneutral werden.
- Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Neujahrsansprache 2020: " Die Erwärmung der Erde ist real. Sie bedrohlich. Die daraus erwachsenden Krisen sind von Menschen verursacht. Also müssen wir auch alles Menschenmögliche unternehmen, um diese Menschheitsherausforderung zu bewältigen. Noch ist das möglich. Es bedarf der Bereitschaft, Neues zu wagen, und (...) schneller zu handeln".
- Ministerpräsident Markus Söder 2019: Bayern soll bis 2040 klimaneutral werden
- Österreichische Bundesregierung Januar 2020: Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden
- 2008, also vor 12 Jahren, hat der Landkreis Kelheim erstmals in seiner Geschichte (auf meinen Antrag hin) überhaupt Klimaschutzziele beschlossen. Diese gelten jedoch nur für seine eigenen Liegenschaften, Fuhrpark usw. Die Ziele wurde damals zur Erreichung von Mehrheiten moderat und nur als erster Schritt formuliert. Sie müssen jetzt aktualisiert und an die tatsächlichen Notwendigkeiten angepasst werden um die Ziele von EU, Deutschland und Bayern erreichen zu können. Die Ziele aus 2008 lauten:
1. Der Landkreis Kelheim verpflichtet sich, in seinem eigenen Verantwortungsbereich (Amtsgebäude, Schulen, Bauhof usw.) in Anlehnung an die Meseberger Beschlüsse der Bundesregierung bis zum Jahr 2020 eine Reduzierung seiner CO2-Emissionen (Leitparameter) um mindestens 40%, verglichen mit dem Jahr 1990, vorzunehmen.
2. Der Landkreis Kelheim strebt bis zum Jahr 2030 eine vollständige Umstellung seiner Energieversorgung in seinem eigenen Verantwortungsbereich auf Erneuerbare Energien an.
3. Aktueller Handlungsbedarf im Landkreis Kelheim
Der Landkreis Kelheim ist Bestandteil des Freistaats Bayern, Deutschlands und der EU. Er muss somit in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Erreichung der übergeordneten Ziele sorgen.
Das ist mit Sicherheit eine ähnliche Herkulesaufgabe, wie der Wiederaufbau Deutschlands nach dem letzten Krieg. Jedoch ist die Bewältigung der Aufgaben alternativlos. Je eher die Aufgaben im gesellschaftlichen Miteinander angegangen werden, umso moderater wird der Anpassungsprozess sein.
Die Proteste von Fridays for future, parents for future, scientists for future, bisher nie dagewesene Rekord-Wahlresultate grüner Parteien in Land, Bund und Europa, sowie die Ergebnisse aller repräsentativen Umfragen zur Notwendigkeit eines viel stärker als bisher greifenden Klimaschutzes sind Ausdruck jahrzehntelanger Gering- oder sogar Untätigkeit politischer Entscheidungsträger. Die große Mehrheit der Menschen will laut allen aktuellen Umfragen durchdachte und greifende Taten für einen echten Klimaschutz und damit das Überleben der Menschen in einer lebenswerten Umwelt sehen.
4. Förderkulisse und bisheriges Wirken
Mit Sicherheit werden der Freistaat Bayern, der Bund und die EU den Landkreisen und Gemeinden fachliche, personelle und finanzielle Unterstützung zu dieser gewaltigen historischen Aufgabe geben. Der Landkreis ist jedoch gut beraten, schnell aktiv zu werden, da mit jedem vergeudeten Jahr, der Zeitraum, in dem die Aufgabe zu verwirklichen sein wird, immer enger und die Aufgabenbewältigung und der gesellschaftliche Anpassungsprozess dann immer schwieriger werden.
Der Landkreis ist auf dem Gebiet des Klimaschutzes bereits aktiv geworden, diese Maßnahmen reichen jedoch bei Weitem zur Erreichung der Klimaneutralität nicht aus.
Mit freundlichen Grüßen
Peter-Michael Schmalz
Kreisrat
ÖDP-Fraktionssprecher